Optische Telegraphie in Preussen 1832 - 1852

Station 40    Echtrop, Möhnesee  Entfernung zur Station 41 = 13,0 km
 
Gerhard Kronenberg schrieb bereits 1999 im Rundbrief-Nr. 48 des Heimatvereins
Möhnesee einen kurzen Bericht über die Telegraphenlinie:
..."just dort, wo im neuen Gewerbepark am östlichen Ende des Gutenbergweges der Sendemast der vormals britischen Garnison steht". Tatsächlich liegt der Standort der ehemaligen Station nur 70 Meter westlich des Sendemastes. Im Jahre 2008 konnte er durch den Autor auf den Meter genau bestimmt werden.
Hierzu wurde zunächst das Urmesstischblatt (Maßstab 1 : 25 000) von 1839 herangezogen, in dem aber, wie sich erst später herausstellte, das Telegraphenhaus über das übliche Maß der Zeichenungenauigkeit einer 25 000 er Karte hinaus ungenau eingezeichnet war. Zum Glück war das Haus auch in der Katasterurkarte von 1828 im Jahre 1834 ergänzend eingetragen worden.
Jegliches Baumund Buschwerk in diesen Schneisen musste von Zeit zu Zeit entfernt werden. Bischofs Haar war eine Waldfläche, aus der besonders die Sälzer aus Sassendorf ihren Holzbedarf zur Salzsiederei deckten. Damit überhaupt niemand auf die Idee kam, mit einem Fuhrwerk diese Schneisen zu befahren und dabei die Sichten für die optische Telegrafie zu behindern, wurde neben den Schneisen extra 1833 noch ein Weg angelegt. Später als Telegrafenweg benannt, um 1900 ist er aber nicht mehr in der Flurkarte zu finden. Die damalige Zuwegung zu dem etwa 500 qm großen Stationsgrundstück erfolgte direkt vom Haarweg nach Süden über einen etwa 240 Meter langen, extra angelegten Stichweg durch den Wald.

In der Katasterurkarte von 1834 ist auch der trigonometrische Festpunkt (TP) Nr. 52 der Triangulation des Herzogtums Westfalen, das damals zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt gehörte, einkartiert. Diese 1812 eingebrachte historische 80x80 cm große Pflasterung konnte der Verfasser bereits im Jahre 2000 in einer Tiefe von 0,8 Metern wieder auffinden und deren Position im aktuellen Koordinatensystem der Landesvermessung genau berechnen. Die Pflasterung dieses historischen TP steht inzwischen unter Denkmalschutz. Da der trigonometrische Punkt und das Stationshaus in der gleichen Karte mit großem Maßstab (1 : 2 500) dargestellt sind, war es ein Leichtes, den genauen Ort der Telegrafenstation zur Absteckung in der Örtlichkeit auf den Meter genau zu berechnen. Die beiden Orte, die Telegraphenstation und der TP 52 mit der historischen Pflasterung, liegen nur 20 Meter auseinander.
Das Grundstück der Station ist seit kurzem bebaut, der ehemalige Telegraph stand auf dem heutigen Hof- und Lagerplatz, einem bis 1994 benutztem asphaltierten Tennisplatz auf dem ehemaligen Militärgelände (Höhe = 295 Meter ü. NN). Die Entfernung (Luftlinie) zum nächsten Telegraf Nr. 41 in Höingen beträgt 13,0 km.

Möhnesee, Luftaufnahme
Der Möhnesee, Luftaufnahme

Möhnesee, Karte
Kartenübersicht mit grünem Pfeil zum Standort des Telegraphen

Station 40, Katasterurkarte
Katasterurkarte von 1828/1834 (Ausschnitt) mit dem TP 52 und dem (später wieder
abgerissenen, hier gekreuztem) Haus der Telegrafenstation 40 und den parzellierten
Sichtschneisen nebst parallel verlaufendem Telegraphenweg

Station 40, Grundkarte
Aktuelle Grundkarte mit dem Standort der Station 40 und
den ehemaligen Sichtschneisen der Telegrafenlinie

 

Text und Kartenabbildungen: Peter Sukkau

Fotos: Archiv

 

www.moehnesee.de/

 

 

 

 

Die damals neu eingerichtete Telegrafenlinie hat bei der Bevölkerung natürlich viel Aufsehen erregt. Das Auf und Ab der 6 Flügel konnte ja nicht gedeutet werden. Es waren geheimnisvolle Zeichen. Die Telegraphisten waren aber wohl auch bereit, besonders interessierten Bürgern die Anlage des Hauses und die Weitergabe der Zeichen zu erklären. Dies belegt ein wunderschöner Schüleraufsatz aus dem Nachlass des ehemaligen Superintendenten Adolf Clarenbach.
Sein Großvater war der spätere Pastor Friedrich Rottmann aus Lüdenscheid, der 1839 in Soest das Archigymnasium besuchte und in Lohne wohnte. Der vollständige Aufsatz ist im Soester Heimatkalender 1961, S. 57- 60, nachzulesen, deshalb hier nur ein Auszug über seine Tageswanderung zum Telegraf Nr. 40: .... konnten wir nicht den gewöhnlichen Weg zum Telegraphen einschlagen, da dieser, wie wir gehört hatten, noch voll Schnee lag. ...Die beiden Wohnungen zu beiden Seiten des Telegraphen sind nur einstöckig ... zwei Fernrohre sind von so großer Güte, dass man durch eins derselben den sechs Stunden entfernten Telegraphen zu Rüthen [Nr. 38: aktuelle Deutsche Grundkarte mit dem Standort der Station 40 und den ehemaligen Sichtschneisen der Telegrafenlinie 14 Stumpfe Warte bei Kneblinghausen.
... Der Abschied von dieser Gegend wurde mir aber nicht schwer, da es um diese Zeit in diesen Gehölzen nicht sehr angenehm war, man sah hier nichts als dunkle Gebüsche und schlechte Wege, nicht einmal ein lebendiges Wesen erblickte man hier...

Als Bedienstete bzw. Bewohner in der Station 40 werden in der Dissertation von Herbarth (1978) für 1842 folgende Personen erwähnt: Der Obertelegrafist Jost mit seiner Ehefrau, der Untertelegrafist Zimmer mit Ehefrau und einer Tochter und der Reservetelegrafist Schamm mit seiner sechsköpfigen Familie. Insgesamt könnten zu diesem Zeitpunkt also 12 Personen in der Station 40 gewohnt haben.
In den ev. Soester Kirchenbüchern lässt sich auf der Station 40 nur die Existenz des Telegraphisten Zimmer finden: Geb. 1783, gest. 1862 in Soest, beerdigt auf dem Walburger Friedhof. Er hatte 2 Töchter. Den Zuschlag für den Abriss des Gebäudes erhielt Clemens Mühlenschulte aus Möhnesee- Stockum im Juni 1850. Dafür bezahlte er 280 Taler, für den Telegrafenappart noch einmal 6 Taler. Noch 1949 soll die Stelle der früheren Station zu erkennen gewesen sein, danach wurde "Bischofs Haar" eine großräumige Anlage für das kanadische Militär.
Bei der Familie Mühlenschulte, deren Anwesen früher die Mühle am Möhnefluss in Stockum war, wegen des Talsperrenbaus aber nördlich von Stockum um 1910 neu gebaut wurde, sind vom Telegraf leider keine Unterlagen oder Gegenstände mehr vorhanden.